Perfektionismus/ Perfektion/ Perfektionist
Bist Du ein Perfektionist/ eine Perfektionistin?
(Ich habe im Text die männliche Form gewählt, im Sinne von DER PERFEKTIONIST, selbstverständlich gilt alles auch für die Perfektionistinnen.)
15 Anzeichen, ob Du vielleicht auch betroffen bist:
1. Ich muss die höchsten Anforderungen an mich selbst stellen, sonst bin ich nur mittelmäßig und werde immer schlechter.
2. Wie gehe ich mit Scheitern um?
3. Wenn mir ein Fehler unterläuft, werden die Leute wahrscheinlich weniger von mir halten als jetzt, mich weniger lieben.
4. Kann ich mich selbst gern haben oder mag ich mich erst, wenn Andere mich gut finden?
5. Wenn ich etwas nicht wirklich perfekt machen kann, dann hat es keinen Sinn, überhaupt anzufangen, es überhaupt zu tun.
6. Ich vermeide Herausforderungen, da ich Angst habe zu scheitern, denn ich bin noch nicht perfekt?
7. Ich habe ständig Angst zu versagen, meinen Ansprüchen nicht gerecht zu werden, bin oft verkrampft, angespannt und meine Gefühle sind eher negativ und skeptisch.
8. Wenn ich etwas erreicht habe, kann ich mich wirklich freuen und bin zufrieden? Oder denke ich, es kann ja nicht so besonders gewesen sein, wenn ich das geschafft habe.
9. Wenn ich einen Fehler mache, macht mir das Angst und es beunruhigt mich.
10. Wenn ich mich nur gut genug anstrenge, wird mir alles perfekt gelingen.
11. Es ist eine Schande für mich, Schwächen zu zeigen oder mich kindisch zu verhalten.
12. Zweimal den gleichen Fehler machen geht überhaupt nicht.
13. Wenn ich nicht überdurchschnittliche Leistungen bringe, habe ich komplett versagt.
14. Wenn mir etwas nicht perfekt gelingt, ist das ein Beweis für meine Minderwertigkeit.
15. Ich erwarte auch von Anderen, dass sie so perfektionistisch denken und handeln wie ich. Wenn sie nicht so denken und handeln, werte ich sie ab und bezeichne sie als inkompetent.
Eine wichtige Frage die Du Dir stellen kannst:
Warum will ich gut sein / besser sein / perfekt sein?
Denkst Du:
• Ich weiß noch nicht genug, um das oder dies zu tun?
• Ich bin nicht gut genug, um das oder dies zu tun?
• Ich kann noch nicht genug, um das oder dies zu tun?
• Ich brauche noch diese Ausbildung, dieses Fertigkeiten und dieses Fortbildung um das oder dies zu tun?
Perfektionisten leiden unter dem Sollte-Syndrom: Ich sollte das können, ich sollte noch besser sein, ich sollte der bestgekleidete Mensch sein, sonst werde ich nie wieder eingeladen, beruflich muss ich perfekt sein, der Beste sein, sonst werde ich gekündigt, usw. .
Also bloß keinen Fehler machen. Die Messlatte des Perfektionisten liegt so hoch, dass sie nie zu erreichen ist. Wieviel Leid fügt sich der Mensch hier selbst zu?
Es ist grundsätzlich nicht verkehrt, hohe Werte als Ziel zu haben, damit wir danach streben. Aber es darf nie zu einem Muss werden, dass uns in unserem Leben behindert.
Besser ist das das Ist zu akzeptieren als Realität/ als Status Quo. Höhere Ziele darfst Du als Richtlinie nehmen, als Ziel für dass eigenen Wachstum. Z.B. Du möchtest Deine künstlerische Arbeit verbessern, es ist hilfreich ein Vorbild zu suchen. Du kannst Dich in diese Richtung orientieren und daran wachsen und lernen. Wohl wissend, dass Du dieses Level nicht erreichen wirst.
Dieses erstrebenswerte Ziel: „so soll es sein“ und der realistische Ist Zustand wird eine Leben lang in Spannung bleiben, aber genau das lässt uns weitergehen.
In dem Sinne: Beginne, bevor Du bereit bist.
Was wir aber nicht vergessen dürfen, dieser Weg zu höheren Ziel darf Leitlinie sein, aber nie ein krankhafter Zwang, der geboren worden ist aus seelischen Defiziten der Kindheit.
Perfektionisten halten aber den Spannungszustand zwischen Ich und Soll nicht aus, das SOLL wird zum MUSS.
Perfektionisten haben auch die Tendenz in Kettenreaktionen zu denken: z.B. wenn ich das nicht kann, kann ich gar nichts. Ich werde dann den Beruf verlieren und bin lebensunfähig. Katastrophenphantasien sind an der Tagesordnung. Wenn ich dies Vorhaben nicht perfekt mache, werde ich gekündigt, mein Partner verlässt mich, ich werde unter der Brücke landen und sterben.
Ein Perfektionist schwankt zwischen seinen perfektionistischen Ansprüchen:
entweder kann er nur ein Heiliger sein oder er ist der schlimmste Sünder auf der Welt.
Sollte er bei einem Vorhaben scheitern, ist er dann der größte Schwächling, er fühlt sich völlig willenlos und als absoluter Versager.
Da diese Maßstäbe nicht nicht der Realität entsprechen und die Anforderung unrealistisch sind reagiert er mit extremen Selbstvorwürfen und auch hier völlig unangemessen.Er lebt in einer selbstgemachten Hölle.
Seine Gedanken vollkommen sein zu müssen sind auch dafür verantwortlich, dass er meist gar nicht beginnt. Da alles perfekt sein muss und Unperfektes sehr bedrohlich für das Selbstwertgefühl wäre, es wäre ja dann mittelmäßig oder ungenügend in seinen Augen, möchte er diesem Risiko möglichst lange ausweichen.
Aus der Vermeidungshaltung zieht er sich immer mehr aus dem dem Leben zurück, durch die Vermeidung hat er auch keine Chance sich zu entwickeln und zu erkennen, dass Fehler gar nicht so schlimm sind.
Auch können Perfektionisten schwer unterscheiden zwischen Wesentlichem und Unwesentlichen. Sie verlieren sich dann im Detail, finden keine Ende, verändern ständig ihre Arbeit und sind nie zufrieden. DENN: Es ist ja nicht perfekt.
Auch haben sie eine verzerrte Vorstellung von Normal, denn ein Perfektionist will nicht normal sein, sondern besser.
Aus diesem Denken heraus entstehen dann auch diese u.a. Argumente, wenn ein Perfektionist sich rechtfertigt:
• Ich bin eben besser wie der Durschnitt und würde mich damit auch nie zufrieden geben.
• Mittelmäßigkeit oder nur Gut ist der Bruder des Schlechten.
• Ich möchte meine Zeit nicht vergeuden wie Andere, denn ich strebe nach Höherem.
• Ich möchte nicht so enden wie meine Mutter oder mein Vater.
• Wen jeder so wäre wie ich, dann hätten wir ein ordentlichere und bessere Welt.
Ursachen von Perfektionismus:
• Bist Du in der Kindheit traumatisiert worden durch eine sehr strenge, rigide Erziehung?
• Hast Du als Kind Manipulationen erlebt und keine liebevolle, sichere und geborgene Elternfürsorge bekommen? (Frühkindliche Traumatisierung/ Entwicklungstrauma)
• In der Kindheit wurden entweder utopische Anforderungen an Dich Kind gestellt, Du bekamst nur Lob und Aufmerksamkeit, wenn Du die Leistung erbracht hast oder wenn Du lieb und unauffällig warst.
• Scheitern, Versagen war im Familiensystem verboten.
• Du hast nie genügt, wurdest gekränkt und abgewertet.
• Als Kind oder Jugendlicher hast Du dann an Dich selbst die Anforderungen gestellt in der Hoffnung doch noch Liebe oder Anerkennung zu bekommen.
Auch als Erwachsene lebt man dann auch weiterhin mit der großen Angst, Sicherheit zu verlieren, haltlos zu werden, sozial abzusteigen.
Der Perfektionismus schützt den Perfektionisten, wie eine Art Panzer, dieser bringt scheinbar Ordnung im Außen und verhindert das Wahrnehmen des inneren Chaos.
Er unterdrückt aggressive oder sexuelle Bedürfnisse, Bedürfnisse nach Entspannung und er unterdrückt die Impulse: „Alle fünfe mal gerade sein zu lassen“.
Zu sehr steht er unter Druck und so sehr ist der Perfektionist auf eine bestätigende Resonanz von Außen angewiesen. Jedes Abweichen von Perfektion würde den eigenen Untergang herausbeschwören…, dies ist das tiefe Empfinden des Perfektionisten.
Perfektionisten sind meist nicht so sehr beliebt, sie wirken absolut verspannt, zwanghaft und verbreiten eine enge, fast schon strenge Stimmung. Wenn sie Perfektion auch von anderen fordern ist es schwer mit Ihnen zusammen zu arbeiten oder zu sein.
Wie kannst Du den Perfektionismus beenden und ein erfülltes, entspannten Leben gestalten?
Wenn Du bei Dir perfektionistische Tendenzen feststellst, dann frag Dich doch mal wo wurden in Deiner Biographie Wut, Versagen, Fehler nicht erlaubt.
• Verabschiede Dich von unrealistischen Idealen, lass Dich nicht länger von diesen beherrschen, höre auf Dich ständig zu bewerten oder Dich an höchsten Maßstäben zu messen.
• Vergleiche Dich nicht mit anderen Menschen, denn der Vergleich ist das Ende jeder Weiterentwicklung. Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg, sein eigenes Tempo und seine eigenen Interpretationen.
• STEH ZU DIR!
• Beginne, bevor Du bereit bist, denn der erste Schritt ist die Hälfte des Weges.
• Achte auf das Tun und die Umsetzung und nicht auf das Endergebnis.
• Akzeptiere: „Das Beste ist der Feind des Guten!“
• Verzeihe Dir Fehler, gehe bewusst in die Gegenposition und sage Dir: Aus Fehlern lernt man.
• Oder nach Wilhelm Busch:
„Aus Fehler wird man klug, darum ist einer nicht genug!“
Denk daran das Leben, die Freiheit beginnt dann, wenn Du nicht perfekt sein musst.
Un-perfektion macht sympathisch, denn: