Bindungstrauma – Frühkindliches Trauma – Entwicklungstrauma
Du hast seelische und/oder körperliche Gewalt erlebt?
Traumata im Kindesalter sind im Unterschied zu akuten Schocktraumata dadurch gekennzeichnet,
dass die Traumatisierung im frühen Kindesalter und über einen längeren Zeitraum stattgefunden hat.
Seelische Gewalt, oft unsichtbar hinter Mauern vollzogen, sind für die Kinder lebensprägend.
Leider sind sie oft schwer nachweisbar, denn nichts dringt nach außen. Keiner vermutet etwas!
• Innere Unsicherheit und mangelndes Selbstvertrauen
• Kein Urvertrauen
• Übermäßige Anpassung oder Unterwerfung
• Grenzen setzen oder Nein sagen, ist extrem schwierig
• starkes Autonomiebedürfnis (Ich muss alles alleine schaffen)
• mangelnde Affektkontrolle
• Keine Selbstregulationsfähigkeit
• chronische Stresssymptome (Unruhe, Schlafstörungen, extreme Anspannung)
• Konzentrationsfähigkeit ist geschwächt
• man fühlt und spürt sich nicht, steht wie neben sich
• starke Verlustängste in Beziehungen und/oder Freundschaften
• Keine Vertrauen in andere Menschen
• Die eigenen Bedürfnisse werden verdrängt
• Ängste, Panikgefühle
• Schuld und Schamgefühle
• Angst vor Nähe und Bindung
• Perfektionismus
• Narzissmus
Unser Nervensystem besteht aus dem Zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark)
und dem Peripheren Nervensystem:
Das Periphere NS wird unterteilt in das willkürliche (vom Willen beeinflussbar) und das autonomes, unwillkürliche Nervensystem.
Das autonome, unwillkürliche NS: Sympaticus, Parasympaticus
Die Polyvagaltheorie (nach Stepan Porges) ist ein Meilenstein im Verständnis von Trauma.
Es geht um die beiden Äste der Parasympaticus (Vagus) die sich in den ventralen und dorsalen Zweig aufteilen.
Das autonome, unwillkürliche Nervensystem
Diese Prozesse sind nicht bewusst zu steuern. Sie laufen unabhängig von unserem Willen ab.
Sie dienen unserem Schutz und helfen uns, in Gefahrensituationen blitzschnell zu reagieren. Stellen wir uns vor, wir werden im Wald von einem wilden Tier bedroht. Unser Körper aktiviert dann zwei mögliche Reaktionen: Kampf oder Flucht.
Für beide Alternativen wird eine enorme Menge an Energie benötigt. Der Körper schüttet Adrenalin aus, die Herzfrequenz und der Puls steigen, die Atmung wird schneller und intensiver – wir brauchen schließlich mehr Sauerstoff in den Muskeln. Zusätzlich wird mehr Energie in Form von Blutzucker bereitgestellt.
War die Flucht oder der Kampf erfolgreich, übernimmt der Parasympathikus die Aufgabe, die Systeme wieder in den Ruhezustand zu bringen. Die Herzfrequenz sinkt, die Atmung verlangsamt sich, und auch die Verdauung, die während der Stressreaktion zurückgefahren wurde, setzt wieder ein.
Wenn jedoch kein Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung hergestellt wird, beispielsweise weil wir dauerhaft unter Stress stehen – sei es beruflich oder privat – bleibt der Sympathikus ständig aktiv. Das kann auf lange Sicht nicht nur seelische Erkrankungen begünstigen, sondern auch körperliche Beschwerden verursachen.
Der Sympathikus und Parasympathikus arbeiten normalerweise im Wechselspiel und schwingen in einer bestimmten Amplitude. Die Phasen der Anspannung (Sympathikus) und die Phasen der Entspannung (Parasympathikus) sollten sich im Gleichgewicht befinden.
Wie weit diese Amplitude ausschlagen kann, hängt von vielen Faktoren ab:
- Prägung während der frühen Kindheit – War die Geburt komplikationsfrei? Gab es eine liebevolle, fördernde Umgebung?
- Anregung und Förderung – Gab es Gelegenheiten, um die eigene Belastbarkeit und den Toleranzbereich behutsam zu erweitern? Konnte das Kind auch mal positive Aufregung erleben und lernen, diese auszuhalten?
Kinder, die jedoch ständig eingeschränkt, gemaßregelt oder beschämt wurden, entwickeln oft einen sehr engen Toleranzbereich. Dies kann zur Folge haben, dass sie später Schwierigkeiten haben, intensive Freude oder Glück zu empfinden – ihr emotionaler Spielraum ist eingeschränkt. Das Leben fühlt sich dann möglicherweise wie ein dunkles Verlies an.
Für traumatisierte Menschen kann es im späteren Leben herausfordernder sein, mit schwierigen Situationen umzugehen. Motivation, Antrieb, Gefühle und selbst die Erinnerungsleistung sind häufig beeinträchtigt. Auch die Fähigkeit, Glück und Lebensfreude zu empfinden, bleibt oft stark reduziert.
Im späteren Leben fällt es traumatisierten Menschen oft schwerer, mit herausfordernden Situationen umzugehen. Motivation, Antrieb, emotionale Regulation und sogar die Erinnerungsfähigkeit können beeinträchtigt sein. Auch die Fähigkeit, Glück und Lebensfreude zu empfinden, ist häufig stark reduziert.
Frühkindliche Traumata entstehen häufig durch belastende Erlebnisse in einer besonders sensiblen Lebensphase. Dazu gehören:
- Eine schwere Geburt – etwa eine traumatische Geburt mit Komplikationen oder Notoperationen.
- Eine schwierige Schwangerschaft – z. B. Stress, Ängste oder körperliche Erkrankungen der Mutter während der Schwangerschaft.
- Trennung von der Mutter unmittelbar nach der Geburt – ein in früheren Generationen häufig praktiziertes Vorgehen, das den Aufbau einer sicheren Bindung erschwerte.
- Zu langes Schreien lassen – wenn das Kind nicht beruhigt oder getröstet wird, fühlt es sich hilflos und verlassen.
- Frühe Operationen oder Krankenhausaufenthalte – besonders ohne elterliche Nähe oder ausreichend Trost und Geborgenheit.
Ein weiterer Faktor ist die unterbrochene Hinbewegung zur Bindungsperson. Wenn die Mutter beispielsweise depressiv, schwer krank oder aus anderen Gründen emotional nicht in der Lage ist, eine verlässliche Beziehung zum Kind aufzubauen, kann dies gravierende Auswirkungen haben.
Das Kind erlebt in solchen Situationen keine ausreichende Sicherheit und Bindung. Stattdessen entwickeln sich tief verankerte Gefühle von Verlassenheit, Unsicherheit oder Überforderung. Diese frühen Bindungsstörungen prägen nicht nur das Nervensystem, sondern auch die psychische und emotionale Entwicklung – oft ein Leben lang.
Besonders schwerwiegend ist es, wenn das Kind seine natürlichen Bindungsimpulse nicht erfüllen kann, weil seine Nähe- und Schutzbedürfnisse wiederholt nicht beantwortet werden. Dies kann später zu starken Bindungsängsten, Unsicherheiten in Beziehungen und einer verminderten Stressresistenz führen.
Die Auswirkungen solcher frühkindlicher Traumata zeigen sich nicht nur auf emotionaler Ebene, sondern auch in körperlichen Reaktionen – etwa durch ein ständig übererregtes Nervensystem oder chronische Verspannungen.
Ein behutsames Verstehen und Aufarbeiten dieser frühen Verletzungen ist daher ein wichtiger Schritt, um langfristig Heilung und Stabilität zu ermöglichen.
Du möchtest mehr erfahren zum Thema Trauma/Traumata?
Hier geht es weiter: Polyvagal-Theorie nach Stephan Porges!